Wirtschaftsethnologie und Politische Anthropologie - Staatenbildung und die Ökonomie von Kula und Potlatch

Malinowskis Tagebüchern

“Ich weiß, manche werden sagen, daß ein Tagebuch vor allem etwas Privates sei und nicht veröffentlicht werden solle; und all jene, die diese Ansicht vertreten, werden wahrscheinlich harte  Kritik an meiner Entscheidung üben, die Tagebücher meines Mannes zu veröffentlichen. Doch nach reiflicher Abwägung der Frage bin ich zu dem Schluß gelangt, daß es wichtiger ist, heutigen wie künftigen Gelehrten und Lesern der anthropologischen Schriften Malinowskis einen direkten Einblick in das Innere seiner Persönlichkeit und in sein Leben und Denken in der Zeit seiner wichtigsten Arbeiten im Felde zu bieten, als diese Tagebücher in einem Archiv unter Verschluß zu halten. Ich bin daher allein verantwortlich für die Entscheidung, dieses Buch zu veröffentlichen.”

Mai 1966  Mexiko Valetta Malinowska

Mit ein wenig Vorstellungskraft kann man sich denken, mit welchen Beobachtungen er Probleme hatte. Bei dem, was er in seiner Ethnographie “Das Geschlechtsleben der Wilden  in Nordwest-Melanesien zu diesem Thema alles erfuhr und sah.

Es ist mit Sicherheit interessant die Tagebuchaufzeichnungen Malinowskis zu lesen, in denen er ein anderes Bild der Trobriander zeichnet. wie in seinen veröffentlichten Büchern.

Ein bisschen Nachsicht sollte man schon üben, wenn man sich vorstellt, was für ein Kulturschock es für Maliniowski war, in der natürlichen Umgebung der Trobriander auch Intimität und Nacktheit zu sehen. Warum sich also darüber mokieren. Malinowski konnte ja nicht sagen, ich will über euere Sexualität schreiben, zieht euch aber mal ordentlich an, hoch geschlossene  Blusen und lange Röcke.

Malinowski wurde aus der Diskrepanz zwischen objektiver Tatsachenbeschreibung und subjektivem Empfinden Vorwürfe dahin gehend gemacht, ein sexuell verklemmter Spießer zu sein.  Was bleibt sind Erkenntnisse wie diese:

Für die Bewohner der Trobriand-Inseln im Südpazifik ist der Vater eines Kindes mit diesem nicht blutsverwandt. Sie glauben, daß ein Kind nicht durch Geschlechtsverkehr gezeugt wird, sondern durch einen Geist. Der Zeugungsakt findet während der regelmäßigen rituellen Bäder der Frauen in einem Quellfluß statt. Der während einer Schwangerschaft häufiger als sonst ausgeführte Geschlechtsverkehr ist ihrem Glauben nach nur dazu gut, den heranwachsenden Embryo mit ausreichend Sperma zu versorgen. Dieses dient ihm in der Weltsicht der Südsee-Insulaner lediglich als Nahrung.