Wirtschaftsethnologie und Politische Anthropologie - Staatenbildung und die Ökonomie von Kula und Potlatch

Trobriander legen ab zum Kula

Das Foto zeigt Trobriander, wie sie zum Kula aufbrechen. Dieses Bild stammt aus einem Film, der 2012 bei 3sat gezeigt wurde. Interessant ist, dass die Trobriander auch heute noch zum Kula aufbrechen, wenn auch nicht immer mit ihren für den Kula gebauten Booten. Siehe: mit dem Motorboot zum Kula

Kula

Die Bewohner der Trobriand-Inseln waren schon vor der Ankunft der Europäer hervorragende Seeleute und Händler.

Kula bedeutet möglicherweise Ring. Diese Vorstellung ergibt sich aus dem Ablauf des Kula und seiner geographischen Reihenfolge unterhalb der im Kula miteinander verbundenen Inseln. er erstreckt sich über die gesamten Trobriand-, die Entrecastreaux- und die Amphlett Inseln.

Im Kula-Ring sind eingeschlossen: Überseeische Expeditionen, Wert- und Gebrauchsgegenstände, Dienstleistungen (sexuelle wie rituelle), die räumlich und zeitlich eine gleichmäßige Bewegung beschreiben. D.h. - zu bestimmten Zeiten im Jahr, verläßt eine Flotte die Trobriand-Inseln in eine bestimmte Richtung, wobei ihre Güter unterschiedlich sind.

Bei kleinerem Kula betreiben die Leute von Rang Handel.

Der Kula-Handel ist der Aristokratie vorbehalten, sowie deren Vasallen und untergebenen Häuptlingen. Der Austausch von nützlichen Dingen, der gimwali heißt, ist streng vom Kula getrennt. Er findet neben dem Kula statt, es wird gefeilscht, was dem Kula unwürdig wäre.

Mindest dem Anschein nach besteht der Kula - wie der nordwestamerikanische Potlatch - im Geben und Nehmen.

Bei der höchsten Form des Kula uvalaku, der nur einmal im Jahr stattfindet, verzichtet man auf Handelsgüter, man nimmt nicht einmal Tauschgegenstände für die Nahrung mit. Erst im nächsten Jahr, beim Besuch des im vorherigen Jahr besuchten Stammes, vergalt man die Nahrungsgaben mit Zinsen. Bei der Übergabe des Kula ist man bestrebt Freigebigkeit, Ungebundenheit, Autonomie und zugleich Größe zu zeigen.

Die wesentlichen Gegenstände des Kula sind die vaygu'a, eine Art Geld, wovon es zwei gibt: Mwali Armreifen aus Muscheln) und soulava (Halsketten), die zumeist nur gehortet werden. Die mwali reisen stets von Osten nach Westen, die soulava immer von Westen nach Osten.

Diese Gegenstände zirkulieren ständig. Man darf sie keinem nicht determinierten Partner zukommen lassen, und das auch nur in der vorgeschriebenen Richtung: Armreif- und Halsketten-Richtung. Die vaygu'a darf man 1 Jahr behalten.

Man hat also wirklich Eigentumsrecht, aber ein besonderes: Es wird einem nur gegeben, dass ich es für einen anderen in Gebrauch nehme oder einem  Dritten übergebe, dem fernen Partner (murimuri).

Mythische, religiöse und moralische Komplexe

Die vaygu'a sind mehr als nur Gegenstände. Sie haben eine Geschichte, eine Persönlichkeit, sind aber keine Gegenstände eines Kultes, obwohl man sie den Sterbenden auf die Stirn und Bauch legt. Mwali sind weibliche und soulava männliche Symbole.

Soziologisch gesehen handelt es sich beim Kula um eine Mischung aus Sachen, Werten, Verträgen und Menschen. Folgende Schritte gibt es beim Kula:  Die erste vaygu'a-Gabe heißt vaga. Sie verpflichtetet zur Gegengabe, dem: yotile. Man darf es sich auch mit Gewalt nehmen. Es ist obligatorisch und muß der ersten Gabe gleichwertig sein. Kann jemand das yotile nicht bringen, gib er notfalls ein c) basi, ein Wartegeschenk. Inwieweit ein Individuum, das "schwerfällig im Kula" ist verachtet oder verhext wird, steht nicht fest.

Die Gaben bei der Ankunft - Tauschgeschäfte

Der Kula ist der intertribale Krönungspunkt, an dem aber nur die Häuptlinge teilnehmen. Bis auf uvalaku sind alle Kula Anlaß zu gimwali, die nicht nur zwischen festen Partnern stattfinden. Neben vaygu'a setzt der Kula Geschenke und Gegengeschenke voraus. Die Verbindung der Partnerschaft beginnt mit dem:

  • vaga, um das mit Bittgeschenken geworben werden muß. Es ist nicht sicher ob das Geschenk überhaupt angenommen oder erwidert wird.
  • pari bezeichnet die magische Natur des Gegenstandes. Diesen Gegenstand annehmen bedeutet in das Spiel einzusteigen. Wenn man es annimmt, verpflichtet man sich das vaga zu geben, aber nur die FEIERLICHE (wahrscheinlich mit Riten) Übergabe bindet endgültig.

Der Wettstreit ist wichtig, denn aus der Verbindung, die man durch das vaga erreicht hat, entsteht eine Clanverbindung zwischen den Partnern. Man sucht nach einem respektierten Partner. Hier kommt das Trachten nach Größe und Vorteil zur Geltung, sowie Konkurrenzdenken und Rivalität.

Die Gaben beim Abschied

Sie sind denen der Ankunft stets überlegen. Das Gegengeschenk für das Gastgeschenk hat also eine wucherische Gegenleistung beim nächsten Besuch bereits in sich.

Die Verpflichtungen des Gebens, Nehmens und Erwiderns

Reichtum kann nur bewiesen werden, indem man ihn ausgibt. So ist der Häuptling verpflichtet, um seines Ansehens Willen, allem zu geben. Gibt man nicht, verliert man sein Gesicht, was damit verbunden ist, dass man das Recht verliert eine Tanzmaske, die einen Geist verkörpert, oder ein Totem zu tragen.

Jemanden zu einem Fest nicht einzuladen hätte ähnlich schlimme Folgen.

Man hat nicht das Recht eine Gabe oder einen Potlatch abzulehnen, denn das würde bedeuten, dass man sich vor der Erwiderung fürchtet.

Die Pflicht des Erwiderns ist eine Art Schuldknechtschaft, da die Zinsen zwischen 30 und 100% liegen, die allerdings wieder zurückgezahlt werden.

Ähnlich dem Kula werden bestimmte Gegenstände, wie zeremonielle Schüssel, in die die Clans ihre Totemzeichen geschnitzt haben einem strengen Umlauf zwischen den Clans und Häuplingsfamilien unterzogen, da diese Dinge mit den Geistern verschmolzen sind.



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